Einrichtung zum induktiven Schmelzen und/oder Warmhalten von Metallen.
Durch ein elektromagnetisches Wechselfeld werden Wirbelströme in dem zu schmelzenden Metalleinsatz oder im warmzuhaltenden flüssigen Metall induziert, die dieses Metall auf Grund seines elektrischen Widerstandes erwärmen.
Für die grundlegenden Aufgaben Schmelzen und Speichern haben sich zwei grundsätzliche Induktionsofentypen in den Gießereien etabliert:
Induktions-Rinnenofen und Induktions-Tiegelofen, betrieben mit Netz- oder Mittelfrequenz.
Der prinzipielle Unterschied wird durch die vergleichende Darstellung von Induktions-Rinnen- und -Tiegelofen mit dem Verlauf von Primär- und Sekundärstrom in Bild 1 verdeutlicht.
Während beim Rinnenofen die Energie nur auf die im Induktorkanal (Rinne) befindliche Schmelze und somit nur auf einen kleinen Teil des Ofeninhaltes übertragen wird, erfolgt der Energietransfer beim Tiegelofen auf nahezu den gesamten Ofeninhalt.
Das ist auch der Grund, weshalb nach klassischer Betrachtungsweise Rinnenöfen vorwiegend als Speicher-, Warmhalte- und Überhitzungsaggregate eingesetzt werden, Tiegelöfen dagegen zum Schmelzen zur Verfügung stehen.
Hinsichtlich der Betriebsfrequenz von Schmelzöfen unterscheidet man zwischen Netzfrequenz (NF) mit 50 Hz und Mittelfrequenz (MF) mit 110 bis 10.000 Hz. Sonderausführungen wie Doppel- oder Trifrequenzbetrieb mit 50 und 500 Hz beziehungsweise 150 Hz sind selten im Einsatz. Rinnenöfen werden im Allgemeinen mit Netzfrequenz betrieben.
Das Fassungsvermögen heutiger Mittelfrequenz-Tiegelöfen reicht von der Laborausführung (5 kg) bis über 60 t. Werden Tiegelöfen mit Netzfrequenz betrieben, begrenzt die Badüberhöhung die Leistungsdichte, das Anwendungsgebiet erstreckt sich hier auf Öfen mit einem Fassungsvermögen bis zu 90 t.
Netzfrequenz-Induktionsrinnenofen zum Speichern, Warmhalten und Überhitzen
Dieser Rinnenofen besteht im Wesentlichen aus den Baugruppen Ofenkessel, Kippvorrichtung, Rinneninduktor und elektrische Speiseanlage. Der Ofenkessel ist trommel-, wannen- oder tiegelförmig mit abnehmbaren, aber dicht schließenden Ofendeckel. Bild 2 zeigt schematisch den Aufbau von Rinnenöfen mit Kesseln in Wannen- und Tiegelform. Bei beiden dient zum Materialein- und -auslauf ein Siphon. Ein- und Auslauf liegen auf einer Kippachse des Ofens. Bei der Tiegelausführung werden durch den tümpelförmigen Boden und den nach innen eingezogenen Oberteil des Kessels (Bild 3) Gewölbewirkungen erzielt, die sich besonders bei Großöfen vorteilhaft auf die Haltbarkeit der Feuerfestzustellung auswirken.
Die Feuerfestauskleidung für Eisenschmelzen besteht aus Isolier-, Sicherheits- und Arbeitsfutter. Als Isolierfutter wird eine keramische Fasermatte in den Ofenkessel eingebracht. Darauf wird ein Feuerleichtstein gemauert oder eine Isoliermasse gespritzt. Das Sicherheitsfutter besteht aus Hartschamottesteinen oder hochwertigen Spritzmassen. Als Arbeitsfutter können Trockenmassen eingebracht werden, oder halbplastische Massen beziehungsweise Formsteine auf Korundbasis sowie Gießmassen auf Zementbasis eingesetzt werden.
Je nach Durchsatz und Betriebsbedingungen erreicht hier die Kesselzustellung Standzeiten von 2 bis 6 Jahren. Der Induktor ist mit einem wassergekühlten Flansch am Ofen befestigt, so dass ein Induktorwechsel am heißen Ofen innerhalb von wenigen Stunden durchführbar ist. Er besteht aus den Baugruppen Induktorspule, dem lamellierten Eisenkern und dem Rinnengehäuse zur Aufnahme der Feuerfestzustellung. Bild 4 zeigt schematisch den Schnitt durch einen Induktor für Leistungen von 250 bis 1800 kW.
Der in der Primärspule des Induktors fließende Strom erzeugt ein magnetisches Wechselfeld, das vorwiegend im Magnetkern geführt wird. Den Sekundärkreis stellt das in der Rinne befindliche flüssige Material dar (Bild 1). Das magnetische Feld induziert in diesem Kreis eine Leistung, welche in Wärme umgesetzt wird. Der Materialtransport aus der Rinne in den Ofenraum wird von zwei Komponenten bestimmt:
1. In der Rinne herrscht gegenüber dem Ofenraum eine Übertemperatur. Diese Übertemperatur hat ein kleiner werdendes spezifisches Gewicht des Metalls zur Folge. Dadurch entsteht ein thermischer Auftrieb: Rinnenmetall strömt in den Ofenraum und wird durch kälteres aus dem Ofenraum ersetzt.
2. Auf das Metall in der Rinne wirken elektromagnetische Kräfte, die sich durch eine spezielle Form der Rinnenausbildung so nutzen lassen, dass eine Stömung durch die Rinne bewirkt wird (Durchströmungsrinne).
Der Induktor hat infolge der gut ausgebildeten Sekundärwicklung (der Schmelze) und des damit verbundenen geschlossenen magnetischen Kreises einen sehr guten Leistungsfaktor. Dies ist auch die Ursache für eine im Vergleich zu Tiegelöfen kleinere Kompensations-Kondensatorenbatterie, die parallel zur Spule geschaltet wird. Darüber hinaus führt der geschlossene magnetische Kreis zu einem besseren Wirkungsgrad.
Aus dieser Wirkungsweise ergibt sich die Notwendigkeit, dass während der Ofenreise ständig ein flüssiger Sumpf, das heißt die Differenzmenge zwischen Gesamt- und Nutzfassungsvermögen im Ofen verbleiben muss.
Der Rinnenofen wird über ein geeignetes Beschickungssytem vom Schmelzofen mit flüssigem Metall beschickt. Beim Abgießen wird der Ofen nach vorn gekippt. Da Ein-und Ausgussseite nahe der Kippachse des Ofens angebracht sind, ist gleichzeitiges Beschicken und Abgießen möglich. Das flüssige Metall wird in Gießpfannen und über geeignete Transportsysteme den Gießlinien direkt zugeführt.
Zu den besonderen Merkmalen des Rinnenofens als Speicherofen gehört, dass er die Schmelze im geschlossenen Ofenraum hält. Dadurch baut sich bei längerer Haltezeit über der Schmelze eine reduzierende Atmosphäre auf, die den Abbrand von Kohlenstoff und Silizium weitgehend verhindert, besonders bei niedriger Haltetemperatur.
Sonderformen von Rinnenöfen sind Vergießeinrichtungen.
Netzfrequenz-Induktionsrinnenofen zum Schmelzen
Bild 5 zeigt schematisch den Aufbau des Rinnenschmelzofens. Er unterscheidet sich von dem für das Speichern ausgelegten Rinnenofen hauptsächlich in folgenden Punkten:
- Sein Ofenkessel ist schlanker; man spricht daher häufig vom „Vertikal-Rinnenofen.
- Die Schmelze wird nicht über einen Siphon, sondern wie beim Tiegelofen über eine Schnauze abgegossen.
- Der Deckel ist wie beim Tiegelofen hydraulisch betätigt, um die Chargierung von Feststoffen zu vereinfachen.
Solche Öfen sind mit Induktorleistungen bis 3500 kW in Betrieb, der Nutzinhalt beträgt 15 bis 50 t.
Im Ofen entsteht die Badbewegung durch Konvektion aufgrund der Beheizung am Boden des Gefäßes sowie mittels Durchströmung des Induktorkanals aufgrund besonders geformter Rinnen. Diese Bewegung reicht für eine gute Durchmischung zur Einstellung einer homogenen Zusammensetzung und Temperatur der Schmelze aus. Sie ist jedoch nicht stark genug, um genügend schnell die Zusammensetzung, besonders hinsichtlich des Kohlenstoffgehaltes, korrigieren zu können. Solche Öfen bringen Vorteile, wenn möglichst konstant über das Jahr, ohne größere Legierungswechsel und ohne Stillstandszeiten gearbeitet wird (günstiger Energieverbrauch).
Induktionstiegelofen
Der konstruktive Aufbau eines Induktionstiegelofens geht aus Bild 6 hervor. Er ist rinnenlos, und die zu schmelzende Charge wird von einem feuerfest ausgekleideten Tiegel aufgenommen, der von einer Induktionsspule umgeben ist. Tiegelöfen können mit Netz- und Mittelfrequenz betrieben werden.
Dabei bilden drei Kriterien die Grundlage unterschiedlicher Merkmale und Einsatzgebiete:
- Art der Frequenzumwandlung,
- spezifische Ofenleistung,
- Art des Anfahrbetriebes.
Frequenzumwandlung
Netzfrequenzöfen erfordern keine Einrichtung zur Frequenzumwandlung, weil das elektrische Versorgungsnetz über einen Transformator mit Stufenschalter zur Leistungsregulierung den Ofen unmittelbar speist. Mittelfrequenzöfen arbeiten mit 110 bis 10000 Hz, je nach Ofengröße und -leistung, Einsatzgut sowie erforderlicher Badbewegung. Zwischen Transformator und Ofen wird ein Frequenzumwandler, heute in der Regel ein Thyristor-Umrichter unmittelbar im Schaltschrank am Ofen (Kompaktschmelzeinheit) installiert.
Spezifische Ofenleistung
Die zulässige Badbewegung sowie die Beherrschbarkeit von Strom und Spannung begrenzen die in einem Induktionsofen installierbare Leistung. Die Intensität der Badbewegung wird mit höherer Frequenz kleiner. Zum Beispiel kann gegenüber einem 50-Hz-Ofen bei gleicher Badbewegung ein Mittelfrequenzofen für 500 Hz mit etwa der dreifachen Leistung ausgerüstet werden. Das bedeutet, dass für dieselbe Leistung ein Mittelfrequenzofen etwa nur ein Drittel des Fassungsvermögens eines Netzfrequenzofens benötigt. Das gilt für Mittelfrequenzöfen bis zu 1 t Fassungsvermögen. Bei größeren Öfen werden die Leistungsgrenzen durch die Beherrschbarkeit von Strom und Spannung in der Induktionsspule gesetzt, so dass die spezifischen Leistungen dieser Öfen etwa das Zweifache gegenüber den Leistungen gleich großer Netzfrequenzöfen betragen.
Anfahrbetrieb
Die induktive Leistungsaufnahme einzelner fester Einsatzstücke in einem Tiegelofen ohne Sumpf hängt ab von der Größe der Einsatzstücke d sowie der Eindringtiefe δ des induzierten Stromes, die mit steigender Frequenz abnimmt. Die Erfahrung zeigt, dass zum wirtschaftlichen Einschmelzen das Verhältnis d/δ > 6 sein sollte. Durch die mit steigender Frequenz abnehmende Eindringtiefe ist die Mindestgröße der Einsatzstücke für das Anfahren eines Mittelfrequenzofens wesentlich kleiner als die für den Netzfrequenzofen. Dazu kommt, dass die bei gleicher Leistung im Mittelfrequenzofen vorliegende höhere Windungsspannung zu einem schnellen Verschweißen der Einzelstücke führt und sich damit für die induktive Leistungsaufnahme zusätzlich günstige Bedingungen einstellen.
Mittelfrequenzöfen können in der Praxis ohne Leistungseinbuße als Chargenöfen ohne Sumpf arbeiten, während Netzfrequenzöfen nur dann wirtschaftlich arbeiten, wenn sie mit einem Sumpf von 50 bis 70 % des Ofenvolumens betrieben werden.
Bild 7 vermittelt einen Überblick über die gebräuchlichen Betriebsfrequenzen und Fassungsvermögen von Induktionstiegelöfen.
Netzfrequenz-Induktionstiegelofen
Der mit Netzfrequenz betriebene Induktionstiegelofen ist anlagenmäßig weniger aufwendig als der Mittelfrequenzbetrieb, weil keine Umrichter oder Frequenzwandler benötigt werden. Da die Eindringtiefe der induzierten Wirbelströme bei niedriger Betriebsfrequenz wesentlich größer als bei Mittelfrequenz ist, können NF-Induktionstiegelöfen erst mit einem Fassungsvermögen ab 800 kg Eisen oder Stahl beziehungsweise 300 kg Aluminiumlegierung wirtschaftlich betrieben werden. Da außerdem die Badbewegung bei Netzfrequenzbetrieb sehr intensiv ist, ist auch die installierte spezifische Leistung entsprechend zu begrenzen.
Auch das Anfahren, also die Inbetriebnahme, muss mit flüssigem Metall oder mit einem Anfahrblock begonnen werden (Kaltstart).
Netzfrequenz-lnduktionstiegelofen mit Kurzspule
Eine Sonderentwicklung ist der Netzfrequenz-Tiegelofen mit Kurzspule. Bei dieser Ofenkonstruktion ist nur der untere Teil des Tiegels von einer kurzen Induktionsspule umgeben. Diese Ausführung wird als „Kurzspulenofen“ bezeichnet. Das Konstruktionsprinzip ist in Bild 8 dargestellt. Die Spulenlänge ist im Verhältnis zur Badhöhe sehr kurz. Der von der Spule nicht belegte, zylindrische, obere Teil des gestampften Tiegels ist entweder von einer wärmedämmenden Hintermauerung umgeben oder, falls eine zu schnelle stärkere Durchsinterung dieses Teiles der Tiegelwand infolge höherer Betriebstemperaturen zu erwarten ist, mit einer etwas wärmedurchlässigeren und mit einer äußeren Kühlung am Ofengehäuse kombinierten Hintermauerung versehen. Durch diese konstruktiven Merkmale wird erreicht, dass die Mindestmetallmenge, die die elektrische Nennleistung aufnimmt, auf einen möglichst kleinen Anteil des Gesamtfassungsvermögens des Ofens gesenkt werden kann. Weiterhin wird hierdurch die elektrische Leistungsaufnahme von einer Niveauänderung des Metallbades unabhängig. Die verkürzte Spule hat gegenüber der Ausführung mit einer normalen Spule eine Verminderung des Leerwertes und damit auch des Warmhaltestromverbrauches zur Folge. Der Kurzspulenofen wird vor allem in Eisengießereien vorzugsweise dort eingesetzt, wo spezielle Anforderungen verlangt werden, die der Induktions-Rinnenofen aufgrund seiner Konzeption nicht erfüllen kann. Dies sind in erster Linie schnelle Analysenkorrekturen, häufige Legierungswechsel, Nachschmelzen, häufige Tiegelreinigung. Er dient als Warmhalteaggregat zu Induktions-Schmelzöfen oder als Vorherd zu Kupolöfen.
Mittelfrequenz-Induktionstiegelofen
Der Mittelfrequenzbereich bei Induktionstiegelöfen liegt hauptsächlich im Frequenzbereich von 110 bis 1000 Hz. Zur Bereitstellung der höheren Frequenz des Wechselstromes sind Frequenzumrichteranlagen im Einsatz. Moderne Anlagen (Bild 9) arbeiten mit einem Stromrichtertransformator, in dem der eingespeiste Netzwechselstrom zunächst in Gleichspannung beziehungsweise Gleichstrom umgewandelt wird, und danach ein Wechselrichter die gewünschte Mittelfrequenzspannung bereitstellt. Für den Schwingkreisumrichter kommen Thyristoren oder auch Transistoren des Typ IGBT (Insulated Gate Bipolar Transistor) zur Anwendung. Eine Kondensatorenbatterie zwischen dem Ofen und dem Umrichter bildet mit dem Ofen einen Schwingkreis, der je nach Ofenfüllungsgrad zwischen 70 und 110 % der Nennfrequenz schwingt. Diese Resonanzfrequenz zwischen Ofenspule und Kondensatorbatterie stellt sich selbständig ein und ermöglicht eine einfache Leistungskonstanzregelung in diesem Stromkreis. Die verfügbare Leistung wird so praktisch bei jedem Zustand des Schmelzgutes im Tiegel voll nutzbar, da sich die Verhältnisse zwischen Strom und Spannung anpassen (Bild 10).
Die höhere Frequenz erlaubt, dass man Mittelfrequenzöfen ohne Einbuße bei der Schmelzleistung im Chargenbetrieb, das bedeutet ohne Sumpf, mit festen Einsatzstoffen fahren kann und dass man sie bei gleichem Fassungsvermögen mit einer mehrfach höheren Leistung ausrüsten kann. Sie sind deshalb das ideale Schmelzaggregat für den Chargenbetrieb, für häufigen Legierungswechsel und für das Schmelzen mit besonderen metallurgischen Anforderungen.
Mittelfrequenz-Induktionsöfen im Tandembetrieb
Während Öfen mit der beschriebenen Umrichter-Energieversorgung zwar das Netz während des Schmelzens der Charge konstant belasten, kommt es in den Nebenzeiten für Abschlacken, Probenahme, Abguss und Chargieren zu vergleichsweise geringen Elektroenergieabnahmen. Eine Optimierung der Energienutzung kann durch eine Tandemanordnung von zwei Öfen mit einer elektrischen Versorgungseinheit erreicht werden. Dabei lässt sich die Leistung in beliebigem Verhältnis auf die beiden Öfen aufteilen (Bild 11). So besteht die Möglichkeit
- bei durchgehendem Schmelzbetrieb des einen Ofens die Schmelze im anderen Ofen durch kontinuierliche Energieversorgung warmzuhalten,
- beide Öfen gleichzeitig mit beispielsweise je 50 % der Leistung im Schmelzbetrieb zu fahren,
- die Feuerfestzustellung des einen Ofens während des gleichzeitigen Schmelzbetriebes des anderen zu sintern.