Ein Plädoyer für Data Driven Decision Making (DDDM)

Dileep Yadav (Gujarat, India) und Christian Kleeberg (Singapore) erläutern für die EUROGUSS 365 die Bedeutung der datengestützten Entscheidungsfindung.

Genaue und vergleichbare Daten sind der Schlüssel zum Aufbau einer Industrie 4.0-Strategie, nicht nur für den Druckguss, sondern für jedes Gießverfahren.

Industrie 4.0 hat inzwischen jeden Industriesektor erreicht, auch die Aluminiumgießerei. Die Kontrolle über die Gießereiprozesse zu erlangen, die Endqualität der Komponenten durch die Lösung von Produktionsproblemen in Echtzeit zu gewährleisten oder schlanke und energetisch effiziente Prozesse zu entwickeln, sind ideale Ziele jedes Gießereibetriebs.
Auch die Standardisierung des Wissens über die eigenen Prozesse, das normalerweise auf verschiedene Personen und Maschinen verteilt ist, ist ein sehr attraktives Ziel für Gießereibetriebe. 

Aber einige Faktoren, insbesondere in Bezug auf den Druckguss, z. B. die Prozessbedingungen (hoher Druck / hohe Temperaturen und hohe Schmelzgeschwindigkeit, aggressive Form-Schmelze-Reaktion usw.), erschweren das Erfassen und die Analyse von Prozessdaten für die weitere Nutzung.

Industrie 4.0 bedeutet in diesem Szenario für viele Aluminiumgießereien, sich auf Prozesssteuerungsdaten zu beschränken. Diese werden von Industrieanlagen bereitgestellt, die zwar einen soliden und robusten Ausgangspunkt darstellen, aber weit von der Realität entfernt sind. Es ist üblich, dass Geräte verschiedener Marken unterschiedliche Arten von Daten und Kennzahlen liefern; dies gilt auch für verschiedene Generationen von Maschinen derselben Marke. Darüber hinaus ist es möglich, dass sich Daten nicht extrahieren lassen oder dass es keine Möglichkeit gibt, auf eine historische Datenspeicherung zuzugreifen.

Das Problem besteht also nicht darin, dass Aluminiumgießereien keine Daten haben, sondern dass sie sich mit inkohärenten Daten konfrontiert sehen, die sich untereinander nicht vergleichen lassen. Daten, die nicht zentralisiert werden können und Daten, die keine relevanten Informationen über die Prozesse liefern, die überwacht oder verbessert werden sollen. All diese Aspekte sind von grundlegender Bedeutung, nicht nur für die Entwicklung einer Industrie 4.0-Strategie, sondern auch für die Analyse von Produktionsproblemen, Prozessfehlern oder Inkohärenz.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zuverlässige, genaue und standardisierte Prozessdaten ein notwendiger Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Industrie 4.0-Strategie für den Druckguss sind. 

Datengestützte Entscheidungsfindung
Der Begriff “Big Data” ist zu einem Modewort geworden – und das aus gutem Grund. Wenn Gießereibetriebe die Fülle an verfügbaren digitalen Erkenntnissen nutzen und die richtigen Reporting-Tools implementieren, sind sie in der Lage, die Art von datengestützten Entscheidungen zu treffen, die das Unternehmen voranbringen. Aber selbst dann kommt es in der Praxis vor, dass nach Bauchgefühl entschieden wird, statt auf Basis greifbarer Erkenntnisse. In den meisten Fällen kann sich dies als nachteilig für das Unternehmen erweisen. Während viele (Druckguss-)Gießereien bereits über eine Art “System” verfügen, arbeitet die Mehrheit mit manuellen Mitteln, verwendet Papier und Bleistift, um Daten zu erhalten, und ist in Wirklichkeit sehr weit von einem Industrie-4.0-Niveau entfernt. 
 
Auch wenn es verständlich ist, manchmal seinem Bauchgefühl zu folgen, sollte doch die überwiegende Mehrheit der geschäftsbasierten Entscheidungen durch Metriken, Fakten und Zahlen gestützt werden. Die datengestützte Entscheidungsfindung sollte das Herzstück aller Strategien, Aktivitäten und Abläufe des Unternehmens sein.
Dennoch verlassen sich Gießereibetriebe – obwohl sie über eine unternehmenseigene Softwareplattform verfügen – in hohem Maße auf Excel-basierte Fertigungsabläufe, Produktionsplanung und -kontrolle. Auf diese Weise ist eine datengesteuerte Entscheidungsfindung praktisch unmöglich, da die Abläufe nicht integriert sind.

Warum ist datengestützte Entscheidungsfindung wichtig?
Die datengestützte Entscheidungsfindung bietet Druckgießereien die Möglichkeit, in Echtzeit Erkenntnisse und Vorhersagen zur Optimierung ihrer Leistung zu gewinnen. Auf diese Weise können sie den Erfolg verschiedener Produkt- und Prozessstrategien testen und fundierte Geschäftsentscheidungen für nachhaltiges Wachstum treffen. Es gibt eine Fülle von Gründen, warum die Nutzung von Daten für die Entscheidungsfindung ein Ziel ist, das jedes moderne Druckgussunternehmen in den Mittelpunkt seiner Unternehmenskultur stellen sollte: Unternehmenswachstum, Wissen und Innovation, neue Geschäftsmöglichkeiten, bessere Kommunikation und Anpassungsfähigkeit.

Datengestützte Entscheidungsfindungsinstrumente ermöglichen, Trends und Muster im Gießereibetrieb zu erkennen, die nicht nur unternehmenseigene Aktivitäten, sondern auch die gesamte Gießereibranche betreffen. Ein Beispiel ist der Trend zum Elektrofahrzeug, der wie kein anderer über die Branche hereinbrach. Hier sehen wir natürlich technische Veränderungen in Bezug auf die Gussleistung, wie z. B. ein großes Teil, das ein paar kleine Teile im Fahrgestell ersetzt, aber noch wichtiger ist die integrierte Datenerfassung, die verschiedene Technologie- und Produktivitätsfortschritte ermöglicht. 

Praktische Tipps
Eine kleine Umfrage unter indischen Druckgießereien ergab folgende Anregungen für eine bessere datengestützte Entscheidungsfindung im Gießereibetrieb. 

1) Ziele definieren
Gießereiunternehmen sollten ihre Ziele festlegen, bevor sie mit der Datenanalyse beginnen. Dazu gehört, eine klare Strategie und die wichtigsten Key Performance Indicators (KPIs) zu definieren. 

2) Daten in einer integrierten Systemumgebung bereinigen
Alle falsch formatierten Daten müssen vor Beginn der Analyse entfernt werden. Dies ist ein kritischer Prozess, da die Ergebnisse der Analyse die Grundlage für eine erfolgreiche datengesteuerte Strategie bilden und die Daten daher hundertprozentig genau sein müssen. MS Excel ist leicht zu manipulieren und zu ändern, ohne dass kontrolliert werden kann, wer die Änderungen vorgenommen hat. 

Bei scheinbar unendlich vielen Datensträngen oder -sätzen, mit denen man arbeiten kann, ist die Suche nach den wichtigsten Erkenntnissen die einzige Möglichkeit, Klarheit zu gewinnen. Sobald die Daten aus den wichtigsten Quellen gesammelt wurden, müssen die für das Unternehmen zentralen Erkenntnisse herausgefiltert werden.

Wenn Casting- und Produktionsdaten organisiert werden, sollten Erkenntnisse im Fokus stehen:
die veraltet oder irrelevant sind (löschen),
die formatiert und kategorisiert werden müssen (ordnen),
doppelt vorhanden sind (löschen).

3) Analysieren
Nachdem der Rahmen für die Datenerfassung abgesteckt wurde, müssen die Daten ausgewertet werden. Tatsächlich ist das Nutzerfeedback ein nützliches Instrument, um tiefergehende Analysen durchzuführen und umsetzbare Erkenntnisse zu gewinnen.

4) Daten aussagekräftig präsentieren
Erkenntnisse müssen für zukünftige Entscheidungen genutzt werden. Mit Datenvisualisierungssoftware kann auch ohne tiefe IT-Kenntnisse ein leistungsstarkes Online-Dashboard erstellt werden, das das Team und das Management dabei unterstützt, die richtigen datengestützten Geschäftsentscheidungen zu treffen. Zum Beispiel sollten Gusskosten und die tatsächlichen Grundkosten getrennt dargestellt werden. Wenn man hier eine 100%ige Transparenz hat und genau weiß, wie viele Gussteile in Einheiten/Tonnage und Volumen in der Fertigung herumliegen, führt dies direkt zu Produktivitätssteigerungen und Kosteneinsparungen. Die Krönung der Datenvisualisierung und des Data Dashboarding ist die Implementierung eines MCT (Manufacturing Control Tower). Ein MCT vereint alle Aspekte der Produktion – Produktivität und Kostenkontrolle – an einer Stelle und bietet dadurch tiefe Einblicke in die Produktion.
 
5) In die richtigen Entscheidungsfindungsinstrumente investieren
Wenn es um Geschäftsanalysen für datengesteuerte Entscheidungen geht, ist die Arbeit mit den richtigen Tools unerlässlich. Vom Zugriff auf ein zentrales Dashboard, das eine Fülle datengestützter Einblicke übersichtlich aufbereitet, wird jeder im Unternehmen profitieren. Für diese Self-Service-Analysetools sind keine technischen Vorkenntnisse mit Daten nötig.

Die Autoren:
Dileep Yadav – Vadodara, Gujarat, India; Email: [email protected]
Christian Kleeberg – Singapore; Email: [email protected]

Der vollständige Beitrag erschien in:
https://euroguss.de/expertenwissen/data-driven-decision-making-dddm