Emissionen der Stahlindustrie könnten um 88 % reduziert werden

Neuartiges Kohlenstoff-Recycling-System in geschlossenem Kreislauf

Das System wurde von Professor Yulong Ding und Dr. Harriet Kildahl an der School of Chemical Engineering der Universität Birmingham entwickelt. Demnach seien allein in Großbritannien Kosteneinsparungen von 1,28 Milliarden Pfund innerhalb von fünf Jahren möglich. Gleichzeitig könnten die Gesamtemissionen in Großbritannien um 2,9% gesenkt werden.

“Typischerweise wird Koks verwendet, um Eisen aus Eisenerz herzustellen. Dabei werden große Mengen CO2 freigesetzt. Unsere Technologie zielt darauf ab, dieses CO2 in nützliches CO umzuwandeln, das in der Eisenerzreaktion wiederverwendet werden kann. Es entsteht ein nahezu perfekt geschlossener Kohlenstoffkreislauf, der die Emissionen durch die Reduzierung der benötigten Koksmenge drastisch reduziert.” erläutert Dr. Kildahl.

Andere Methoden zur Dekarbonisierung von Stahl, wie die Verwendung von Wasserstoff, erfordern den Bau neuer Fabriken, die Jahre dauern, bis sie fertiggestellt sind. Das neue System kann hingegen direkt an bestehende Hochöfen nachgerüstet werden.

Das Recyclingsystem fängt das CO2 aus dem Topgas auf und reduziert es mit Hilfe eines kristallinen Mineralgitters (“Perowskit”-Material) zu CO. Bei einer hohen CO2-Konzentration spaltet das Perowskit CO2 in Sauerstoff, der im Gitter absorbiert wird, und CO, das in den Hochofen zurückgeführt wird. In einer chemischen Reaktion in sauerstoffarmer Umgebung wird das Perowskit wieder in seine ursprüngliche Form zurückgeführt und der erzeugte Sauerstoff kann im Sauerstoffblasofen zur Stahlerzeugung verwendet werden.

Die Forscher veröffentlichten die aktuellen Ergebnisse in der Fachzeitschrift “Journal of Cleaner Production”.  

“Die derzeitigen Vorschläge zur Dekarbonisierung des Stahlsektors beruhen auf der schrittweisen Stilllegung bestehender Anlagen und der Einführung von Elektrolichtbogenöfen, die mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Der Bau eines Elektrolichtbogenofens kann jedoch über 1 Milliarde Pfund kosten, sodass diese Umstellung in der verbleibenden Zeit bis zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens wirtschaftlich nicht realisierbar ist. Das von uns vorgeschlagene System kann in bestehenden Anlagen nachgerüstet werden, was das Risiko von verlorenen Vermögenswerten verringert. Sowohl die CO2-Reduzierung als auch die Kosteneinsparungen werden sofort sichtbar.” so Yulong Ding.

Die Eisen- und Stahlerzeugung ist mit einem Anteil von 9 % an den weltweiten Emissionen der größte CO2-Emittent unter den Grundstoffindustrien. Nach Angaben der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien muss der Industriesektor seine Emissionen bis 2050 um 90 % senken, wenn eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius erreicht werden soll.

Die University of Birmingham Enterprise hat das System zum Patent angemeldet und sucht nach langfristigen Partnern, die an Pilotstudien teilnehmen, diese Technologie an bestehende Infrastrukturen liefern oder sich an der weiteren Forschung zur Entwicklung des Systems beteiligen.

Weitere Informationen:

Harriet Kildahl et al., Cost effective decarbonisation of blast furnace – basic oxygen furnace steel production through thermochemical sector coupling, Journal of Cleaner Production (2023). DOI: 10.1016/j.jclepro.2023.135963; sciencedirect.com