Gießerei-Industrie und Digitalisierung 

Mit Innovationsprojekten zeitnah zum Erfolg

Gießereibetriebe erkennen das Potenzial der digitalen Transformation. Dahinter steht in erster Linie der Wunsch nach Margenverbesserung und der Ausweitung der Serviceleistungen. Ein weiterer Treiber sind die Herausforderungen der Dekarbonisierung. 

Anwendungsfelder für die Digitalisierung gibt es in der Gießereiindustrie genug. Auf der Agenda stehen Themen wie die Optimierung der Ausbringungsmengen, Rückverfolgbarkeit von Bauteilen oder Energieeinsparungen durch Lastmanagement. Ein weiteres Anwendungsfeld ist beispielsweise die systematische Zustandserfassung der Fertigungsanlagen durch prozessintegrierte Sensoren.

Ein großes Potenzial bietet sich für die Qualitätssicherung wie auch die datenunterstützte präventive Instandhaltung. „Mit der Digitalisierung lassen sich systematisch qualitätsrelevante Ursache-Wirkungs-Beziehungen ableiten und damit Qualitätsprobleme schnell beheben bzw. präventiv vermeiden“ erläutert Prof. Dr.-Ing. Wolfram Volk, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IGCV. Darüber hinaus könnte mit digitalen Grenzmustern gearbeitet werden. Kundenspezifische Reklamationen ließen sich dadurch signifikant reduzieren. 

 „Allerdings sind die Einstiegshürden vergleichsweise hoch, so dass der Durchdringungsgrad sehr unterschiedlich ist“, so Volk.

Steuerung der metallurgischen Prozesse
Lösungen zur Digitalisierung des Schmelzprozesses bietet beispielsweise der auf Gießereien spezialisierte Softwareentwickler Zorc Technology mit seiner FoundryCloud App. Das Start-up aus Österreich kooperiert mit dem Dortmunder Induktionsofenhersteller ABP Induction Systems. ABP setzt über ein Gateway die FoundryApp auf seiner Softwareplattform myABP ein. Die Siempelkamp Giesserei in Krefeld digitalisiert damit den gesamten Ofenbetrieb.

Hierzu speichert die Software fortlaufend die Betriebsparameter der Gießerei und baut so einen stetig wachsenden Datensatz auf. Die Software sendet dann erfahrungs- und KI-basierte Vorschläge zur Optimierung der Produktion direkt an die Mitarbeiter. 

KI in der Gießerei 
Das Frankfurter Startup Tvarit hat eine KI-Plattform entwickelt, die konkrete Handlungs- und Einstellungsempfehlungen für die jeweils relevanten Parameter an jeder Maschine liefert. Laut dem auf die Metallindustrie spezialisierten Unternehmen sei damit eine Senkung des Ausschusses um durchschnittlich 30 Prozent in nur 2-3 Monaten möglich. Der Energieverbrauch pro produziertes Gussteil könne um mindestens 15 Prozent reduziert werden. 

Die KI-Plattform ist bereits bei mehreren Aluminium- und Eisengießereien von Maxion Wheels bis Procast Guss erfolgreich im Einsatz und habe dort zu erheblichen Einsparungen durch verringerten Ausschuss und geringeren Energieverbrauch geführt.

Es handele sich um „eine sowohl ganzheitliche als auch industriespezifische KI-Plattform, die ausschließlich auf die Schaffung einer nachhaltigen, verschwendungsfreien Produktion von Gießereien und Metallunternehmen fokussiert ist“, sagt Jürgen Schmiezek, Chief Growth Officer von Tvarit.

Die Chefetage ist gefragt
Der Weg zur digitalen Gießerei beginnt nach Ansicht von Prof. Dr.-Ing. Wolfram Volk mit der Initiative der Geschäftsleitung. Notwendig sei ein ernsthafte Wille der Führung und die Bereitstellung der entsprechenden finanziellen und personellen Ressourcen. Dann führe das Innovationsprojekt auch zeitnah zu Erfolgen.

Neue Digitalisierungslösungen − von der Transformation des Hochofens bis zur Vision des autonomen Stahlwerks, vom digitalen Schmelzbetrieb bis zur Gießerei 4.0 – werden einen Schwerpunkt der kommenden Metallurgie-Fachmessen GIFA, METEC, THERMPROCESS und NEWCAST bilden. Die Messen finden vom 12. bis 16. Juni 2023 in Düsseldorf statt.

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