Rekord – durchschnittlich 171.300 offene Stellen
“Die von Bundesminister Heil vorgestellte Chancenkarte, bei der drei von vier Kriterien erfüllt sein müssen, damit Arbeitssuchende aus Drittländern nach Deutschland kommen können, ist sicher ein probates Instrument. Neben Sprachkenntnissen, Ausbildung, Alter und Berufserfahrung ist aber auch die Attraktivität des Arbeits- und Lebensstandortes Deutschland ein wichtiger Faktor.” kommentiert Ralph Appel, Direktor des VDI.
Im zweiten Quartal 2022 waren durchschnittlich insgesamt 171.300 offene Stellen zu besetzen. Diese verteilen sich auf 110.000 offene Stellen in den acht klassischen Ingenieurberufskategorien und 61.300 in den IT-Berufen. Im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 117.150 ist das ein Plus von 46,2 Prozent bei der Arbeitskräftenachfrage. Damit wird ein Rekordwert erreicht. Die Zahlen stammen aus dem Ingenieurmonitor, der quartalsmäßig vom VDI in Zusammenarbeit mit dem Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) herausgegeben wird.
Der Ausblick ist laut dem Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) zufolge trübe, da die Anzahl der Studienanfänger in den Ingenieurwissenschaften und Informatik in den letzten fünf Jahren um rund 15 Prozent gesunken ist. Daher ist in den kommenden Jahren weiterhin mit sinkenden Absolventenzahlen zu rechnen. Zugleich entsteht ein großer Anpassungsdruck bei der Energieversorgung, der wiederum zu einer hohen Nachfrage in den Ingenieurberufen der Energie- und Elektrotechnik führen dürfte.
Laut Ralph Appel drohen Vorhaben wie die beschleunigte Energiewende daran zu scheitern: „Angesichts der Forderungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, dass die Energiewende dreimal so schnell von statten gehen soll und angesichts der aktuellen, angespannten Situation auf dem Energiemarkt, bekommt die Entwicklung eine ganz spezielle Dramatik. Wir stehen nämlich vor einem Energiewende-Dilemma – ausgelöst durch den Fachkräftemangel.“
Um in Deutschland weiterhin mit technischen Produkten und Prozessen erfolgreich zu sein, würden jährlich mindestens 34.000 Ingenieure und Ingenieurinnen aus dem Ausland benötigt. Dafür ist jedoch ein Abbau der bürokratischen Hürden dringend erforderlich. Zudem sei es gerade jetzt entscheidend, den Technologiestandort Deutschland wettbewerbsfähig zu machen.