Bei Sonnenschein haben Besitzer von Solaranlagen das Nachsehen
Deutschland hat sich mit seiner ehrgeizigen Energieumstellung das Ziel gesetzt, dass im Jahr 2030 bereits 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Trotz steigender Strompreise und dem anhaltenden Druck, in ganz Deutschland mehr Solaranlagen zu installieren, kann jedoch ein Großteil des produzierten Solarstroms aufgrund fehlender Infrastruktur nicht genutzt werden.
Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine sind die russischen Gaslieferungen an Deutschland um 80 Prozent zurückgegangen. Infolgedessen sucht Berlin händeringend in der ganzen Welt nach alternativen Bezugsquellen, um das Defizit auszugleichen. Umso frustrierender ist die Situation für Besitzer von Solaranlagen, die normalerweise genug Strom für mehrere Dutzend Haushalte erzeugen können. Beispielsweise musste der Netzbetreiber N-Ergie im vergangenen Jahr an 257 Tagen die Einspeisung von Solaranlagen in Teilen des Netzes unterbrechen.
“Die Häufigkeit und das Ausmaß der Abschaltungen haben in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen”, so N-Ergie-Sprecher Michael Enderlein. “Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Netzengpässe in den kommenden Jahren sogar noch zunehmen werden.” Die Behebung würde noch einige Jahre in Anspruch nehmen, da die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur zwischen fünf und zehn Jahre, die Inbetriebnahme einer Solarstromanlage hingegen nur wenige Jahre dauere.
Laut Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, ist das Problem nicht nur auf die Solarenergie beschränkt, sondern betrifft auch die Windenergie. Er ist der Ansicht, dass sich das Problem zunächst eher verschlimmern wird, bevor eine Lösung in Sicht ist. “Das gilt vor allem dann, wenn sich die politischen Maßnahmen für einen ausreichenden Ausbau des Stromnetzes in Deutschland zu lange hinziehen”, sagte er.
Rund 6,1 TWh Strom aus erneuerbaren Energien mussten im Jahr 2020 abgeregelt werden. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von rund 2.500 Kilowattstunden pro Jahr in einem Zwei-Personen-Haushalt hätte dies für die Versorgung von rund 2,4 Millionen Haushalten gereicht.
Ein Sprecher der Bundesnetzagentur widerspricht der Einschätzung, dass “ein bedarfsgerechter Ausbau des Netzes in den nächsten Jahren nicht möglich sein wird”. Lediglich bei einigen Aspekten des Ausbaus gebe es Verzögerungen, die Ursachen lägen vor allem in langwierigen Genehmigungsverfahren und einem Mangel an Fachfirmen, die die Arbeiten ausführen.