über 200 Teilnehmer beim Aalener Gießerei Kolloquium 2022
Zum diesjährigen Aalener Gießerei Kolloquium begrüßten der neue Oberbürgermeister der Stadt Aalen Frederick Brütting und Prof. Dr. Lothar Kallien mehr als 200 angereiste Vertreter der Gießereibranche und interessierte Studierende.
Auch dieses Jahr kann die Hochschule ihre Spitzenposition in Sachen Forschung behaupten. Gemäß des neuen Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG 2021, in dem die Kennzahlen der Hochschulen zur öffentlich finanzierten Forschung veröffentlicht werden, liegt Aalen bei der FuE Projektförderung des Bundes deutschlandweit auf Platz 1, bei DFG-Bewilligungen auf Platz 2.
Weiterhin liegt Aalen bei der Lehre gemäß CHE Ranking unter den ersten zehn Hochschulen im Bereich BWL und Maschinenbau, beim StudyCheck-Award gehört Aalen mit einer Weiterempfehlungsquote von 96 Prozent zu den beliebtesten Hochschulen in Deutschland.
Danach erläuterte Prof. Kallien die große Werbewirksamkeit der TESLA Aktivitäten im Bereich Grossgußteile. Er stellte kurz aktuelle und neue FuE Projekte aus den Bereichen Einsatz von KI im Druckguss, zyklische Belastung von Zinkdruckguss, Gasinjektionstechnik im Druckguss sowie Beschichtung von Zinkdruckguss vor. Kallien bedankte sich nicht nur bei den Teilnehmern, sondern auch bei den zehn Ausstellern, die dem Fachpublikum ihre innovativen Produkte im Rahmen einer Table Top Ausstellung zeigten.
Die diesjährige Vortragsreihe begann Christian Köhler von der Volkswagen AG zum Thema „Recycling zur Erreichung von CO2- und Kostenzielen in Leichtmetallgießereien“. Darin stellte er die Klimaziele des Volkswagen Konzerns vor. Schon 2016 wurde das erste Ziel 25 % weniger CO2 zu emittieren erreicht. Er verglich in seinem Vortrag den CO2 Jahresausstoß einer Kuh mit dem eines VW Polo: die Kuh emittiert so viel CO2 wie ein Polo nach 38.182 km Fahrstrecke. Umgerechnet in Bäume:
um dies zu kompensieren würden bei einer durchschnittlichen Fahrstrecke von 20.000 km 160 Buchen benötigt. Für Volkswagen ist klar, dass die E-Mobilität das Mittel zur Erreichung von CO2- Vorgaben ist. Das Unternehmen setzt dabei weiter auf das Schließen des eigenen Materialkreislaufes und der Substitution fossiler Energieträger.
Dipl.-Ing. Siegfried Schneider von der Firma castwerk GmbH & Co.KG referierte über das Thema „Thixomolding: Prozess-
Qualität-Energiebilanz“. Die Thixomolding Maschine ist ähnlich wie beim Spritzgießen mit einer Plastifiziereinheit versehen. Statt Kunststoffgranulat wird Mg-Granulat verwendet. Als Vorteil dieses Prozesses nannte Herr Schneider unter anderem neben sehr guter Gefügestrukturen auch eine sehr gute Oberflächenbeschaffenheit der Gussteile. Als größter Vorteil sind jedoch die Energiekosten, der Wegfall von Schutzgas und die Verarbeitbarkeit von AM50/AM60 zu sehen. Bislang wurden über 3 Mio. Teile produziert und die Nachfrage steigt.
Über das Thema „Die Zukunft von Strukturbauteilen im Druckguss“ referierte Herr Dipl.-Ing. Hermann Roos von der Bühler AG. Herr Roos erklärte, dass Strukturbauteile in vielen Bereichen Anwendung finden. Die Bühler AG verwendet eine Zweiplatten-Druckgießmaschine, die den Vorteil hat die Spannungen beim Schließen des Werkzeugs besser zu verteilen was wiederum zu höherer Gussteilqualität führt. Danach stellte er das neue Konzept für Großmaschinen ab 6000 Tonnen Schließkraft detailliert vor. So ist es bei Schussgewichten bis über 200 kg notwendig den Schmelzofen direkt an die Maschine zu positionieren. Die großen Werkzeuge verlangen darüber hinaus nach einem Twin Sprayer System zum Trennmittelauftrag.
Den anschließenden Vortrag „Innovative Ansätze für die Aufbereitung und Verarbeitung von Aluminiumschmelzen“ wurde präsentiert von Dr.-Ing. Thomas Franco vom Unternehmen FRECH ZPF GmbH. Er berichtete über innovative Ansätze wie Späne-Räder-Recycling, die Simulation alternativer Brenngaskonzepte mit Luftvorwärmung sowie AI-beständige Werkstoffe. Er widerlegte die Annahme, dass auch nur mit Wasserstoff geschmolzen werden kann, indem er den Heizwert von Erdgas und Wasserstoff beim direkten Vergleich aufzeigte wobei sichtlich war, dass das Erdgas einen dreifach höheren Heizwert aufweist.
Dr. Wolfram Stets von der Firma Foseco Nederland BV erläuterte das Thema „Verunreinigungen und Einschlüsse in Gusslegierungen: Auswirkung, Messung und Vermeidung“. Er unterschied hier zwischen exogenen – Eintrag von außerhalb – und endogenen – Entstehung in der Schmelze – Verunreinigungen. Im Vortrag ging er auf die unterschiedlichen Ursachen und Messverfahren der Verunreinigungen beim Stahlguss so wie beim Aluminiumguss ein. Für die Vermeidung von Verunreinigungen nannte er die Reinigung der Schmelzen durch Salze, turbulenzarmer Metalltransfer und Abguss so wie die Fil-tration der Schmelze.
Den Abschluss bildeten die Kurzvorträge der Aussteller.
Den Ausklang des ersten Tages bildete der traditionelle Gießerabend, bei dem alljährlich ein reger Erfahrungsaustausch zwischen den Gießern und auch den Studierenden stattfindet.
Am nächsten Morgen startete Frank Neumann mit der Präsentation des Deutschen Zinkgusspreises der Initiative Zink e. V.: in der Kategorie Sicherheits- und Schließtechnik stellte er ein Türverschlussystem der Firma Groß Druckguss GmbH vor. In der Sparte Lifestyle gewann ein Blinker der Siegfried Müller Druckguss GmbH, in Medizintechnik überzeugte eine zentrale Trägereinheit für elektronisch, mechanische und optische Bauteile im Dentalbereich der Fa. Kaspar Schlüter GmbH & Co. KG. Im Bereich Elektrotechnik und Maschinenbau schaffte es ein Gehäuse der Firma Adolf Föhl GmbH Dünnwannigkeit und Stabilität zu vereinen. In der Sanitärtechnik stach eine Kopfbrause der Firma HDO Druckguss und Oberflächentechnik hervor. Die Firma HDO Druckguss und Oberflächentechnik siegte in der Kategorie Mobilität mit einem Funkschlüssel.
Dipl.-Ing. Christoph Schendera der EFM e. V. stellte in seinen Vortag die Gewinner des Magnesiumpreises vor, der vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie e. V. (BDG) , Gesamtverband der Aluminiumindustrie e. V. (GDA) und der , Europäischen Forschungsgemeinschaft Magnesium e.V. (EFM) unterstützt wurde.: Platz 3 belegte die Fa. Dynacast für ein Malwerk für eine Kaffeemaschine. Das Bauteil wurde hier aus Magnesium statt Kunststoff gefertigt. Die Torun Bark Magnesium GmbH war Zweitplatzierter mit ihrer Tischplatte für eine Kreissäge. Die GF Casting Solutions AG war der Sieger mit einem Cross Car Beam. Die Integration von Funktion und die Ausnutzung des kompletten Bauraums konnten hier überzeugen. Im Anschluss stellte Prof. Dr. Lothar Kallien die Ergebnisse im Bereich Zink- und Aluminiumdruckguss vor. Zunächst ging er auf die Gewinner der Kategorie Aluminium ein. Den ersten Platz belegte eine einteilige Oberschale eines Hinterachsträgers aus Druckguss der Firma Albert Handtmann GmbH. Den zweiten Platz teilten sich die Firma Alupress AG und die BMW Leichtmetallgießerei. Die Matthies Druckguss GmbH belegte den dritten Platz mit einem Gehäuse mit 3D-gedrucktem Formkern. Anschließend wurden die Gewinner der Kategorie Zink vorgestellt: Platz 1 erhielt die Siegfried Müller GmbH für eine Baugruppe aus 3 Druckgussteilen, gefolgt von einem Schaltgriff der Firma HDO-Druckguss und Oberflächentechnik GmbH, und einer Klemmplatte der Firma Teilemacherei GmbH.
Das Thema „Innovation im Warmkammerdruckguss: Heißkanal, Beschichtung und Klimaneutralität“ stellte Thomas Herper von der Adolf Föhl GmbH vor. Durch den Einsatz einer Heisskanaltechnologie verspricht er unter anderem den Entfall oder die Reduzierung von sekundären Arbeitsschritten, die Reduzierung der Zykluszeit, Energieeffizienz sowie den Entfall von Kreislaufmaterial. Diese Technologie findet insbesondere bei kritisch umsetzbaren Geometrien und Wandungen von 0,3 mm Anwendung. Darüber hinaus stellte er die Nanobeschichtung Föhlan vor.
Um das Thema „Prozessoptimierung, Management und Logistik in Gießereien“ ging es im Vortrag vom Herrn Prof. Dr.-Ing. Sven Roeren von der roeren Gmbh. Er diskutierte einen blauäugigen Run in die E-Mobilität und warnte vor Irrtümern hinsichtlich Nischenmärkte. „Nischen sind volatil, können bröckeln und zahlen sich nur bei hohen Renditen aus“. Er kritisierte außerdem, dass Unternehmen sich zu Preisen zwingen ließen, die sie besser nicht annähmen. Sein abschließender Appell an die Zuhörer war das Erkennen der eigenen Kompetenzen und das Finden des dazugehörigen Marktes.
B. Eng. Andre Dylong von der Firma Druckguss Service Deutschland trug das Thema „Vertikales Gießen im DuoCast Prinzip“ vor. Das DuoCast Prinzip ist das Gießen zweier Bauteile in einem Schuss. Die Formfüllung erfolgt hier vertikal. Dadurch, so Dylong, können Lufteinschlüsse vermieden werden da vor dem Anschnitt keine Luft ist. Es soll auch möglich sein auf einer Maschine mit zwei Werkzeugen zwei unterschiedliche Teile zu gießen. Die Zykluszeit soll mit diesem Prinzip im Vergleich zum konventionellen Guss um 12 Sekunden reduziert werden können. Als Nachteile nennt er, dass beim Ausfallen einer Maschinenhälfte folglich auch die andere Hälfte ausfalle.
Damit waren die Fachvorträge beendet und es folgten die neuesten Forschungsergebnisse der Hochschule Aalen im Bereich Gießereitechnik. Es startete Prof. Dr.-Ing. Sebastian Feldmann mit den neuesten Erkenntnissen zum Projekt „Künstlicher Intelligenz zur Bewertung von Gussfehlern“. Er erläuterte, dass über die Korrelation von Prozessdaten (Schusskurve) und der Bewertung der Ergebnisse der Röntgenbilder signifikante Bereiche der Schusskurve identifiziert werden können die zu Fehlern führen. Röntgenbilder könnten über eine Mischung aus statistischen und KI-basierten Verfahren gelabelt werden. Außerdem sagte er, dass Expertenwissen zur Fehlerklassifizierung in der KI abgebildet werden konnte und Fehler wie Porosität und Kaltlauf über ein CNN analysiert werden konnten. Weitere Fehlerquellen sollen in Zukunft implementiert werden und auch komplexe Bauteilgeometrien sollen analysiert werden
B. Eng. Fabian Schnuse gab einen Überblick über die aktuelle Forschung zum Thema „Praktische Anwendung der KI und Zink- und Aluminiumdruckgussteile“. Die Anwendung von KI konnte mit einer Sicherheit von 100 % Fehler erkennen. Neuronale Netze sollen durch selbst erstellte Oberflächenbilder trainiert werden können. Die Klassifizierung funktioniert nicht nur für die Bauteile mit den trainiert wird sondern auch zu einem gewissen Maß für beliebige Bauteile und Materialen.
Der Vortrag von Dr.-Ing. Marcel Becker, der nach 10-jähriger Tätigkeit im Gießereilabor im März zur Firma Frech gewechselt ist, handelte von Salzkernen im Druckguss. Als erstes ging Becker auf die Salzwerkstoffe ein und definierte für sein Vorhaben eine Biegefestigkeit von mindestens 20 MPa. Als nächstes beleuchtete er die thermophysikalischen Einflüsse der Salzkerne im Druckgießprozess. Hier wies er auf die schlechte Wärmeleitfähigkeit des Salzkerns hin welche einen Einfluss auf die Erstarrung hat. Es gelang ihm mit einer komplexen Salzkerngeometrie für eine A-Säule erfolgreiche Gussversuche durchzuführen. Es war durch die zusätzlich eingebrachten Kernstützen die Salzkerne mit einer Strömungsgeschwindigkeit 60 m/s zu umgießen. Die Ergebnisse sind in seiner Dissertation zusammengefasst.
M.Sc. Daniel Schwarz hielt einen Vortrag über das Thema „Multimaterialverbunde für den hybriden Leichtbau“. Hier wurden CFK-Rohlinge mit Aluminium und Magnesium umgossen. Es stellte sich heraus, dass beim Magnesium deutlich höhrer Wandstärken umgossen werden können Er stellte weiterhin ein CFK faserverstärktes Batteriegehäuse vor.
Der Vortrag von Dipl. Ing. Thomas Weidler behandelte das Thema „Magweb – gewebevertärker Magnesium-Druckguss“. Hier wurden unterschiedliche Gewebe im Druckgießprozess umgossen. Eine Erhöhung der Dehngrenze in Abhängigkeit des Gewerbeanteils wurde erreicht.
M.Sc. Christos Mangos, der Zinkdruckgussfachmann des Gießereilabors, stellte gleich zwei neue Forschungsvorhaben vor: Wasserstoff und die galvanische Beschichtbarkeit von Zinkdruckguss, ein Nachfolgeprojekt, in dem die Blasenbildung durch den bei der kathodischen Entfettung entstehenden Wasserstoff untersucht wird und „Zynk-Guss“, ein neues Vorhaben zur Untersuchung der zyklischen Eigenschaften von Zinkdruckguss. Beide Vorhaben werden von einem außergewöhnlich großen Industrie Ausschuss begleitet, was das große Interesse der Industrie an diesen Themen dokumentiert.
Beendet wurde die Vortragsreihe von M.Sc. Florian Mäuser mit der Vorstellung des Projekts „Gasinjektion zur Herstellung hohler Bauteilstrukturen im Druckguss“. Ziel des neuen Vorhabens ist es Hohlstrukturen durch Gasinjektion zu schaffen, um Material zur Gewichtsreduzierung auszusparen, oder Hohlkanäle zu bilden. Es wurde im Rahmen eines EU Projekts eine neue Gasinjektionsanlage entwickelt. Es wurden so erfolgreich Bauteile wie das Elektromotorengehäuse mit einem Hohlkanal gefertigt.
Zum Abschluss des Aalener Gießereikolloquiums gab es zur Zufriedenheit aller Teilnehmer ein urschwäbisches Mittagessen: Maultaschen und Kartoffelsalat.