im Innenhof der Priesterhäuser von Zwickau
Die treibende Wirkung des im 8./9.Jahrhundert in China erfundenen Schießpulvers im Geschütz wurde dort ab 1200 und in Europa erstmalig 1334 bei der Verteidigung von Meersburg gegen Ludwig den Bayern angewandt. Die Feuergeschütze revolutionierten im 14.Jhd. das Kriegswesen und beeinflussten die gesamte politische Entwicklung Europas. (Quelle: Kultur und Technik, Zeitung des Deutschen Museums, Sonderheft 1977,S. 15,).
Ein besonderes Exemplar eines Kanonenrohres mit einer wechselvollen Geschichte befindet sich im Innenhof der Priesterhäuser in Zwickau, wie Frank Dörfelt in Freie Presse vom 11. Januar 2020 berichtet: Gegossen wurde das Kanonenrohr 1523 vom Zwickauer Handwerker Peter Mülich, der in der Stadt eine Gießhütte betrieb. Insgesamt wiegt das Kanonenrohr aus Geschützbronze (93 % Kupfer, 7–11 % Zinn und bis 2 % Blei) 1,4 Tonnen, hat eine Gesamtlänge von 2,20 Metern und einen äußeren Durchmesser von 43,5 Zentimetern. Auftraggeber war der Sächsische Kurfürst Friedrich III. Oberhalb dessen kurfürstlichen Wappen ist folgender Spruch zu lesen :
„Ich heiß der Leeb vnd pien vnferdrosen / Peter Mvlich hat mich gosen AD 1523“.
Das große Kaliber lässt auf die Verwendung von Steinkugeln schließen.
Immer wieder wurde „dr Leeb“ (der Löwe), wie die Kanone ursprünglich getauft wurde zur Kriegsbeute und reiste durch halb Europa und Nordafrika. 1547 wurde sie von Truppen Karl V. im Schmalkaldischen Krieg erbeutet und nach Spanien gebracht. 1830 erbeuteten Franzosen die Kanone in Algier und lagerten sie im Pariser Armeemuseum ein. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg kam die Kanone nach Nürnberg in ein Museum. Nach dem Ersten Weltkrieg erbeuteten die Franzosen die Kanone erneut und schafften sie wieder nach Paris.
Auf Grund einer Forderung des damaligen Zwickauer Oberbürgermeister Ewald Dost beschlagnahmte 1940 die deutsche Wehrmacht das Kanonenrohr. Es wurde in den Bestand des Armeemuseums Dresden eingegliedert. Nach dem Zweiten Weltkrieg beanspruchten die Franzosen die Kanone wieder für sich. Die sowjetische Militärkommandantur sprach sich aber für einen Verbleib in Dresden aus. Als Kompromiss bis zur Klärung des Streites wurde das Kanonenrohr dem Zwickauer Stadtmuseum überlassen, wo es seit einigen Jahren im Innenhof der Priesterhäuser ausgestellt ist.