„Wir gehen in eine Winter-Rezession“.
Für 2023 erwartet das ifo-Institut sogar ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent. Innerhalb von drei Monaten hat sich der Tonfall bei den Wirtschaftsprognosen damit drastisch geändert.
Steigende Zahlen gibt es nur bei den Inflationsraten. Die Geldentwertung dürfte in diesem Jahr bei durchschnittlich 8,1 und im kommenden Jahr sogar bei 9,3 Prozent liegen. Im Juni klang es noch ganz anders, da wurde ein Rückgang der Inflation im kommenden Jahr auf 3,3 Prozent angenommen.
Eine Rolle spielt dabei auch die Erhöhung des Mindestlohns. Dieser steigt zum 1. Oktober von 10,45 auf 12 Euro pro Stunde. Da viele Unternehmen daher ihre Preise erhöhen wollen, “dürfte das die ohnehin schon große Inflation weiter antreiben”, sagt ifo-Arbeitsmarktexperte Sebastian Link.
„Die Kürzungen der Gaslieferungen aus Russland im Sommer und die dadurch ausgelösten drastischen Preissteigerungen verhageln die wirtschaftliche Erholung nach Corona. Erst 2024 erwarten wir eine Normalisierung mit 1,8 Prozent Wachstum und 2,4 Prozent Inflation“, erklärt Timo Wollmershäuser, Leiter der ifo Konjunktur-Prognosen.
In Kurzform list sich das so: „Wir gehen in eine Winter-Rezession.”
Diese Änderungen seien ungewöhnlich. „Der Kaufkraftverlust, gemessen am Rückgang der realen Pro-Kopf-Löhne in diesem und im kommenden Jahr um jeweils etwa 3 Prozent, ist so hoch wie nie zuvor seit dem Beginn der heutigen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen im Jahre 1970.“ Ähnliches gilt für die Entwertung der Ersparnisse, die mit durchschnittlich etwa −6% in diesem und im kommenden Jahr einen Rekordtiefstand erreicht.
Es ist zu erwarten, dass die Energieversorger mit Beginn des Jahres 2023 ihre Strom- und Gaspreise an die hohen Beschaffungskosten anpassen. Die Geldentwertung werde dadurch auf etwa 11 Prozent getrieben. Spätestens ab dem Frühjahr 2023 könnten die Energiepreise aber wieder sinken, wenn im Winter genügend Gas zur Verfügung stehen sollte.
Schwere Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sieht das ifo-Institut keine. Der Beschäftigungsaufbau werde sich verlangsamen, aber das sei nur vorübergehend.
Die Ökonomen des ifo merken an, dass ihre Prognose risikobehaftet ist. Vor allem könnten sich ihre Annahmen über den Verlauf der Energiepreise als falsch herausstellen.
Die nächste Prognose des ifo-Instituts wird im Dezember erwartet.