Metallische Rohstoffe – die Bausteine der Kreislaufwirtschaft
Marktmacht China
“Im Jahr 2022 hat sich der deutsche Außenhandel mit China mit voller Kraft in die falsche Richtung entwickelt. Die ohnehin hohe Importabhängigkeit ist noch deutlich größer geworden.” stellt das Wirtschaftsinstitut IW Köln fest und fordert, die geopolitische Bedeutung wirtschaftlicher Interdependenzen auf den Prüfstand zu stellen. Bei Magnesium etwa ist der Anteil an chinesischen Exporten nach Deutschland, laut IW, mit über 50 Prozent am höchsten. Bei seltenen Erden, für den Ausbau der Erneuerbaren Energien unverzichtbar, ist Deutschland zu 45 Prozent auf chinesische Lieferungen angewiesen.
Mit der Elektromobilität erhöht Deutschland seine Rohstoffabhängigkeit von China noch weiter. China fördert und verarbeitet rund 87 Prozent der weltweiten Vorkommen Seltener Erden und bis zu 65 Prozent von Metallen wie Kobalt, Kupfer, Lithium und Nickel, wie der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen Uniti vorrechnet. Mehr als die Hälfte dieser Rohstoffe, die für den Ausbau der Elektromobilität in großen Mengen benötigt werden, stammen aus China.
Wirtschaftssanktionen gegen Russland
Stahl und Stahlrohstoffe fallen unter die von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland. Jedoch konnten einige EU-Mitgliedsstaaten im Halbzeug-Bereich sehr lange Übergangsfristen bis Oktober 2024 durchsetzen. Die Stahlimporte Russlands in die EU werden sich somit in nächster Zeit kaum ändern. Von Gas und Öl abgesehen machen sich die EU-Sanktionen gegen Russland bei der Rohstoffversorgung kaum bemerkbar.
Mächtige russische Metalllieferanten wie der Aluminiumhersteller Rusal und der Nickellieferant Norilsk Nickel, kurz Nornickel, sind von den Sanktionen nicht betroffen, sodass Europa weiterhin in großem Umfang Metalle wie Nickel, Kupfer und Aluminium aus Russland importiert. Rusal ist die Nummer 3 am Weltmarkt, nach den chinesischen Produzenten Chalco und Hongqiao. Nornickel ist der weltgrößte Nickel- und Palladiumproduzent.
EU-Aktionsplan kritische Rohstoffe
Die europäische Kommission hat das Problem erkannt und will mit einem neuen Gesetz zu kritischen Rohstoffen strategische Projekte fördern, mit denen Lieferketten gestärkt und gleichzeitig der Wettbewerb gewahrt werden soll. Zu den Maßnahmen gehören geopolitische Rohstoffpartnerschaften mit Ländern wie Namibia und Kasachstan. Ziel ist ein nachhaltiger Abbau von Rohstoffen wie seltene Erden, Polysilizium, Lithium und Kobalt – Rohstoffe, die zur Herstellung von Windturbinen, Halbleitern und Batterien für E-Autos benötigt werden.
Auf der Liste der von der EU als kritisch eingestuften 30 Rohstoffe stehen neben Metallen wie Magnesium und Titan auch für die Stahlherstellung wichtigen Legierungselemente wie Vanadium und Graphit, seit kurzem auch das für die Herstellung von Primäraluminium unverzichtbare Aluminiumerz Bauxit.
Fokus Circular Economy
Ein wesentlicher Punkt des geplanten Gesetzes sind Anreize zur Entwicklung einer zirkulären Wirtschaft mit resilienten Wertschöpfungsketten. Ein Markt, auf dem sich für Stahlunternehmen und Gießereien, Metallverarbeiter und metallurgische Anlagenbauern neue Geschäftsfelder auftun.
Neue Verfahren zur Gewinnung und Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe aus Elektroschrott und Batterien ergänzen das klassische Metallrecycling von Aluminium über Stahl bis Zink.
Der führende metallurgische Anlagenbauer SMS Group hat das Marktpotenzial des Urban Mining erkannt und gemeinsam mit der australischen Neometals das Joint Venture Primobius für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien ins Leben gerufen. Die Demonstrationsanlage am SMS-Standort Hilchenbach dient der Rückgewinnung von Kobalt, Nickel, Lithium, Kupfer, Eisen, Aluminium, Kohlenstoff, Kunststoffen und Mangan in verkaufsfähige Produkte, die in der Batterielieferkette wiederverwendet werden. Mit der Pilotanlage will der Anlagenbauer 96 Prozent der seltenen Rohstoffe erstmal aus Autobatterien hydrometallurgisch wiedergewinnen. Dies war bislang nicht möglich. Batteriematerialien mussten zuvor auf Mülldeponien entsorgt oder in emissionsintensiven pyrometallurgischen Rückgewinnungskreisläufen verarbeitet werden.
Kreislaufwirtschaft in der Autoindustrie
Dekarbonisierung, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft spielen in der Autoindustrie eine immer größere Rolle. Die Autobauer werden in den Metallbranchen, vom Stahlwerk bis zur Gießerei, zum Treiber grüner Technologien.
So reduziert BMW den Einsatz von CO2-intensivem Primäraluminium zugunsten eines CO2-optimierten Recyclingkreislaufs. In seiner Leichtmetallgießerei in Landshut hat BMW zusammen mit lokalen Aufbereitern einen Recycling-Kreislauf für Produktionsschrotte aus dem Gießereiprozess umgesetzt. Zur sortenreine Trennung von Aluminiumreststoffen werden die Reststoffe der verschiedenen Bauteile so gesammelt, dass sich die Materialien mit ihren individuellen Zusammensetzungen nicht vermischen. Der Aluschrott kann dann nach Aufarbeitung für die Herstellung der gleichen Bauteile wiederverwendet werden. Rund die Hälfte des in Landshut verwendeten Aluminiums stammt aus einem Recycling-Kreislauf.
Volkswagen ist einer der ersten Abnehmer von CO2-armem Stahl, den die Salzgitter AG ab Ende 2025 am niedersächsischen Stammsitz herstellen will. Parallel dazu haben die Unternehmen einen geschlossenen Wertstoffkreislauf zwischen ihren Werken in Wolfsburg und Salzgitter etabliert: Per Bahn werden die zu Coils aufgewickelten Stahlbleche für die Autofertigung in Wolfsburg angeliefert. Auf dem Rückweg nimmt der Zug den bei der Produktion angefallenen Schrott wieder mit nach Salzgitter, wo er im Stahlwerk aufbereitet und an VW ausgeliefert wird.
Nicht Verschrottung, sondern Wiederverwendung
Zirkuläre Wirtschaft erschöpft sich aber nicht in einem besseren Recycling, wie die Fraunhofer Gesellschaft mit ihrem Forschungsansatz Circonomy darstellt, sondern beinhaltet auch eine Einsatzdauerverlängerung von Komponenten und Rohstoffen. Ziel sollte sein, nicht nur das Rohmaterial, sondern die Komponenten im Kreislauf zu halten.
Franz-Josef Wöstmann, Abteilungsleiter Technologiefrüherkennung und Verwertung am Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung – IFAM in Bremen erläutert: „Zerlege ich ein Batteriegehäuse eines E-Autos in seine einzelnen Bestandteile und schmelze sie ein, habe ich immer noch einen hohen Energieaufwand.“ Werden hingegen die Batteriewanne und das Gehäuse der Leistungselektronik in der nächsten Generation wiederverwendet, dann wird diese Energie erst gar nicht benötigt. „Grundlage dafür ist ein Fahrzeuggenerationen übergreifendes Design.“
Für ein wirklich kreislauffähiges Komponentendesign müsste der Rohstoff vereinheitlicht werden. Dafür ist die Digitalisierung des Materialflusses ebenso erforderlich wie die Definition von Standards für branchenübergreifende Rohstoffzirkularität. Komponenten mit einer geringen CO2-Bilanz, die in der nächsten Produktgeneration wieder eingesetzt werden könnten, hätten ein Alleinstellungsmerkmal für den Kunden. Wöstmann ergänzt: „Damit wird aus der Kreislaufwirtschaft ein profitables Geschäftsmodell.“
gifa.de