Weiterentwicklungen im Brandschutz zu erwarten

Maschinelles Lernen könnte Feuerwehrleuten helfen, tödliche Backdrafts zu vermeiden

Ein Mangel an Sauerstoff kann selbst die größte Flamme zu schwelender Asche werden lassen. Wenn jedoch frische Luft einströmt, z. B. nachdem ein Feuerwehrmann ein Fenster oder eine Tür zu einem Raum geöffnet hat, kann das Feuer plötzlich und heftig wieder aufflammen. Dieses explosive Phänomen, das als Backdraft bezeichnet wird, kann tödlich sein. Bisher war es für die Feuerwehrleute schwer vorherzusehen.

Praxistaugliches Modell
Forscher des National Institute of Standards and Technology (NIST) können nun konkrete Fortschritte im Kampf gegen Backdrafts vorweisen. Sie haben ein Projekt ausgearbeitet, das es Feuerwehrleuten ermöglicht, wichtige Informationen über mögliche Gefahren hinter geschlossenen Türen zu erhalten. Das Team hat dazu Daten von Hunderten von Backdrafts gesammelt und im Labor ein Modell zur Vorhersage von Backdrafts entwickelt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Modell für den praktischen Einsatz gut geeignet ist.

Das Forscherteam arbeitet nun daran, die Technologie praxistauglich zu machen. Die nächsten Schritte sind die Entwicklung eines tragbaren Geräts, das die im Labor verwendete Messtechnik sowie das Computermodell enthält, sowie die Erprobung in einem realistischen Umfeld. 

Bisher müssen die Feuerwehrleute die Lage vor Ort anhand visueller Indikatoren einschätzen. Für einen möglichen Backdraft sind das z. B. rußverschmierte Fenster, durch kleine Öffnungen dringender Rauch oder das Fehlen von Flammen. Sind diese Anzeichen vorhanden, würden die Feuerwehrleute zuerst den Raum belüften oder abkühlen, bevor sie ihn stürmen. Letztendlich müssen sie sich aber auf ihre Augen und ihre Erfahrung verlassen, um sich für die richtige Strategie zu entscheiden. Ein Irrtum würde sie teuer zu stehen kommen.

“Wenn man vor Ort Messungen vornehmen und die Wahrscheinlichkeit eines Rückstaus zuverlässig bewerten kann, kann man eine Tür öffnen, ohne dabei ein großes Risiko einzugehen. Oder man kann sich darauf verlassen, dass man den Raum abkühlen muss, bevor man ihn betritt”, so der NIST-Ingenieur Ryan Falkenstein-Smith.

Hunderte Experimente
Im Nationalen Brandforschungslabor des NIST führten die Forscher Hunderte von Backdraft-Experimenten durch, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen ein Backdraft entsteht. Während der Experimente erfassten sie sämtliche messbare Größen wie Temperaturen, Drücke, die Größe der Feuerbälle usw. Um mehr aus den Daten herauszuholen, verwendeten sie außerdem einen Algorithmus für maschinelles Lernen, um aus ihrem Informationsschatz ein Computermodell zur Backdraft-Vorhersage zu entwickeln.

Sie fütterten das Modell mit Messwerten zur Gaskonzentration, zum Brennstoffgehalt und zur Temperatur, die in der Versuchskammer gemessen wurde. Allein auf der Grundlage dieser Informationen musste das Modell die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Backdrafts abschätzen.

Wurde das Modell mit Daten aus einer Messstelle gefüttert, lieferte es knapp 71 % korrekte Ergebnisse. Die Genauigkeit stieg auf über 82 %, wenn zusätzlich Messungen an einer zweiten Stelle in der Versuchskammer vorgenommen wurden.

Das Team ist von seiner Technik überzeugt und arbeitet daran, die Leistung und Praktikabilität der Technologie zu verbessern, so Falkenstein-Smith. Das NIST-Team plant nun, das Modell in kleine, tragbare Geräte einzubauen, mit denen Feuerwehrleute einfache Messungen durch kleine Öffnungen in einem Raum vornehmen könnten.

Die Studie wurde auf der 2022 Suppression, Detection and Signaling Research and Applications Conference vorgestellt.

Mehr Informationen

Ryan Falkenstein-Smith & Thomas Cleary, A binary logistic regression model to evaluate backdraft phenomenon (2022):

https://nfpa.org/SUPDET22-A-binary-Logistic-Regression-Model-to-Evaluate-Backdraft-Phenomenon.ashx