Ein Jahr Corona-Pandemie. Ein Jahr im Ausnahmezustand. In unserer kleinen, nicht repräsentativen Umfrage haben wir uns bei verschiedenen Branchenvertretern umgehört. Dabei wollten wir wissen, wie es ihnen in den vergangenen zwölf Monaten ergangen ist, wie sie durch diese Krise kommen und ob sie vielleicht auch etwas Positives aus dieser Zeit ziehen konnten.
Die Stimmung scheint sich aufzuhellen. Es gibt eine verhaltene Freude über das langsam wachsende Pflänzchen „Auftragseingänge“.
Diese kleine Branchenumfrage soll ein Stimmungsbild einfangen und verschiedene Facetten der Gießerei-Industrie zeigen: Die Bildgießerei Noack in Berlin etwa, bleibt von Corona beinahe unberührt – ein geschützter Raum im Biotop der Kunstproduktion. Die Karl Widenmann GmbH bei Aalen, deren Kunden hauptsächlich aus der Automobilindustrie kommen, hat hingegen einen Umsatzrückgang von 50 Prozent zu verschmerzen. In Waren an der Müritz, bei der MMG GmbH, dem Spezialist für Schiffspropeller, zieht die Produktion stetig wieder an, während im Rheinland, bei der Buntmetallgießerei Dillenberg in Düsseldorf, die Kurzarbeit beendet wird. In Kaiserslautern, freut sich der Geschäftsführer der Aco Guss GmbH Stefan Weber, Teil einer starken Unternehmensgruppe zu sein.
Die gute Nachricht ist: Kreuz und quer durchs ganze Land gibt es neben der allgemeinen schwierigen Lage einige Lichtblicke – und die können wir in dieser Zeit mehr denn je gebrauchen.
Stefan Weber, Geschäftsführer der Aco Guss GmbH
„Aktuell geht es uns – wie vermutlichen vielen Gießereien – wieder besser und wir freuen uns über eine lebhafte Nachfrage. In der Krise haben wir grundsätzlich nichts anders gemacht, sondern unseren Mitarbeitern vor allem Sicherheit in Bezug auf die Infektionsgefahr und den Arbeitsplatz, gegeben. Das erforderte transparentes und konsistentes Handeln sowie viel Kommunikation. Die Vorgesetzten hatten die Aufgabe, stets die Zuversicht zu vermitteln, dass wir auch diese Krise (wie so viele zuvor) meistern werden. Ich denke, das war für viele sehr wichtig, um nicht bei Kurzarbeit oder Homeoffice in Depressionen zu verfallen.
Außerdem hat sich wieder mal gezeigt, wie wertvoll es ist, Teil einer starken Unternehmensgruppe zu sein. Sehr erfreulich war auch, dass sich die Beziehungen zu unseren Geschäftspartnern, auf der Kunden- und Lieferantenseite als stabil und belastbar bewiesen haben. So konnten wir auch in den schwierigen Phasen unsere Produktion aufrechterhalten und unsere Kunden fristgerecht beliefern.“
Lars Greitsch, Geschäftsführer der Mecklenburger Metallguss GmbH
„Unsere Kunden sind Reedereien und die waren über den Sommer schon sehr verunsichert, das haben wir natürlich auch gemerkt. Die Investitionen gingen zurück. Seit Anfang August spüren wir aber eine Erholung und haben jetzt gesunde Auftragseingänge. Die Waren müssen ja doch transportiert werden, vielleicht sogar noch mehr als sonst, wenn man an die zunehmenden Online-Bestellungen denkt. In dieser Hinsicht sind wir einigermaßen glimpflich davongekommen und vorsichtig optimistisch.
Hoffnung brauchen wir allerdings beim Thema Reisen. Wir sind sonst sehr reiseaktiv, besonders im asiatischen Raum. Dass dies zurzeit nicht möglich ist, ist für unseren Vertrieb und für mich schwierig. Auch für unseren Service: Messungen und Reparaturen müssen wir an lokale Firmen abgeben, denn unsere Techniker können wir nicht schicken. Ich hoffe doch sehr, dass Dienstreisen wieder möglich sind, bevor Fußballspiele oder Reisen an den Ballermann wieder erlaubt sind.“
Kathrin Grüne, Geschäftsführerin der Dillenberg Gießerei
„Erfreulicherweise bemerken wir einen Aufschwung, sodass wir aus der Kurzarbeit raus und guter Stimmung sind. Auch die Kundschaft ist in Aufbruchstimmung. Dennoch werden so langsam alle „corona-müde“. Besonders der Spagat zwischen Homeschooling und Kinderbetreuung zuhause und gleichzeitiger Arbeit, führt bei vielen zu Doppelbelastung und Frustration. Für Geschäftsführer ist jetzt eine große Herausforderung, dass die Mitarbeiter motiviert bleiben.
Die Kommunikation, auch mit Kunden, über Video funktioniert im Prinzip gut, wobei ich aber feststelle, dass man vor Ort doch anders miteinander redet, Videogespräche sind deutlich nüchterner. Auch bei Konferenzen sind Gespräche einfach anders, wenn man in den Pausen zusammen eine Tasse Kaffee trinkt.
Ein großer Dank von mir geht außerdem an unsere Mitarbeiter für ihre Disziplin. Es ist ja auch wichtig für uns, dass sie sich auch im Privaten an die Hygienevorschriften halten, damit sie nicht im Betrieb Kollegen anstecken und wir im schlimmsten Fall schließen müssen.“
Hermann Noack, Geschäftsführer der Bildgießerei Hermann Noack
„Wir sind relativ problemlos durch die Pandemie gekommen und haben hier nicht so viel davon mitbekommen. Es gab bei uns keinen Umsatzrückgang. Auch hinsichtlich der Hygienevorschriften mussten wir nicht viel verändern. Wir haben hier extrem viel Fläche für die Produktion und auch in den Büros, die durch Glaswände abgetrennt sind, hat jeder 20 bis 30 m² für sich alleine.
Weil es die Bildgießerei Noack schon seit 120 Jahren gibt, haben wir einen treuen und festen Kundenstamm, die Projekte sind sehr langfristig angelegt und Akquise spielt hier keine große Rolle – die Kunden kommen auf uns zu. Da haben wir sicherlich eine Sonderstellung, andere Kunstgießereien müssen sich auf dem Gebiet bestimmt mehr bemühen. Was für uns auch ein Vorteil ist: Wir haben nicht so einen hohen Kostendruck. Für die Skulpturen, die wir anfertigen, werden so hohe Preise veranschlagt, dass wir Kosten, beispielsweise für Umweltstandards relativ problemlos umlegen können.“
Mario Sremic, Geschäftsführer der Karl Widenmann GmbH
„Wir haben einen Umsatzeinbruch von 50 Prozent. Das ist nicht so überraschend, denn der Strukturwandel hat ja schon vor Corona begonnen und es hatte sich schon abgezeichnet, dass wir uns umorientieren und Geschäftsfelder jenseits der Automobilindustrie finden müssen. Die Pandemie hat den Prozess nur so stark beschleunigt. Wir waren auf eine Umstellung über drei bis fünf Jahre eingestellt und jetzt geht es Schlag auf Schlag. Die gute Nachricht ist: Es gibt viele Bereiche, in denen Gussteile gebraucht werden, man muss nur danach suchen, beispielsweise in der Lichttechnik. Neue Kundenkontakte im Lockdown zu knüpfen, ist allerdings sehr schwierig, weil keine Treffen möglich sind.
In die Zukunft blicken wir mit gemischten Gefühlen. Anfangs dachten wir ja noch, der Spuk wäre in drei Monaten vorbei und im Sommer dachten wir, dass das Geschäft im Herbst wieder anzieht. Das war aber leider nur ein kleines Aufbäumen.“