Hartguss

Eisen-Kohlenstoff-Legierung mit niedrigem Graphitisierungsfaktor, damit Weißerstarrung eintritt (auch weißes Gusseisen). Hartguss hat daher eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Temperrohguss. Das Gefüge besteht aus Ledeburit mit Zementit oder eutektoid zerfallenem Austenit (Perlit). Um Weißerstarrung zu erreichen, wird der Siliziumgehalt in Abhängigkeit von der Gussstückwanddicke relativ niedrig eingestellt. Der Kohlenstoffgehalt beträgt etwa 2,5 bis 3,8 %. Carbidstabilisierende Zusätze, wie vor allem Chrom, fördern die Weißerstarrung.
Hartguss wird vorzugsweise für verschleißbeanspruchte Gussteile verwendet, (verschleißbeständiges, legiertes Gusseisen).

Vollhartguss, Schalenhartguss, Mildhartguss

Wenn in allen Querschnitten des Gussstücks weißes, ledeburitisches Gefüge vorliegt, handelt es sich um Vollhartguss. Im Gegensatz dazu unterscheidet man den Schalenhartguss und den Mildhartguss. Ersterer wird durch die Verwendung eines an sich grau erstarrenden Gusseisens erzeugt, wobei lediglich in der Gießform an jenen Stellen, wo ledeburitisches Hartgussgefüge entstehen soll, Schreckplatten eingesetzt werden. Durch die raschere Abkühlung dieser Gussstückaußenflächen entsteht eine weiß erstarrte Randzone oder Schale, während die übrigen Bereiche grau erstarren (zwischen dem weißen und dem grauen Gefüge befindet sich eine melierte Übergangszone). Schalenhartguss findet hauptsächlich Anwendung bei der Herstellung gegossener Walzen (harter Ballen mit ledeburitischer Randzone und weichem Kern aus Gusseisen mit Lamellen- oder Kugelgraphit) (Bild  1). Mildhartguss mit etwa 2,5 bis 3 % C ist ebenfalls ein Walzenguss, wobei die Schreckplatten oder Kokillen mit geeigneten Stoffen überzogen werden, sodass die Abschreckwirkung geringer ist als beim Schalenhartguss. Das Gefüge besteht aus Perlit, Graphit und Zementitresten im Perlit mit ziemlich gleichmäßiger Verteilung über dem gesamten Gussstückquerschnitt (Bild 2).

Martensitischer Hartguss

Weißes Gusseisen hat hohe Beständigkeit gegen Reibungsverschleiß. Diese kann noch beträchtlich verbessert werden, wenn das perlitische Grundgefüge durch ein martensitisches ersetzt wird, (martensitisches Gusseisen). Das bedeutet, dass sich der Austenit bei der Abkühlung in Martensit umwandeln muss. Praktisch erreicht man dies durch den Zusatz austenitstabilisierender Legierungselemente, wie Nickel, Mangan und Kupfer, gemeinsam mit einem begrenzten Zusatz der karbidbildenden Elemente Chrom und Molybdän. Bei richtiger Wahl der Legierungszusätze wird die Austenitumwandlung in einen niedrigeren Temperaturbereich verlagert, wo sich der Martensit direkt aus dem Austenit bilden kann (Bild  3). Eine typische Zusammensetzung für Hartgusswalzen ist zum Beispiel mit 3,20  % C, 4,5  % Ni, 1,7  % Cr, 0,8  % Si, 0,5  % Mn und 0,35  % Mo gegeben. Dabei können 1 bis 2  % Nickel durch 1 bis 2  % Kupfer ersetzt werden, ohne dass das Gefüge oder die mechanischen Eigenschaften eine wesentliche Änderung erfahren.

Ein martensitischer Hartguss für Schleif- und Mahlkugeln geht auf folgende Zusammensetzung zurück: 3,2  % C, max. 0,5  % Si, 1,5  % Mn, 2,5  % Cu, 1,5  % Cr, 0,3  % Mo, 0,65  % Ni. Wenn die Gussstücke bei etwa 900 °C aus der Form ausgeleert und dann an der Luft abgekühlt werden, haben sie ein martensitisches Grundgefüge. In der Regel wird anschließend noch 24  h bei 250 °C anlassen. Die Rockwellhärte beträgt 55 bis 59, die auf > 60 gesteigert werden kann, wenn die Gussstücke in der Form vollständig abkühlt und danach bei 900 bis 1000 °C geglüht (Reaustenitisierung), anschließend an der Luft abgekühlt und auf 250 °C angelassen werden.

Umgekehrter Hartguss (Gussfehler)

Bei ungenügend geimpftem grauem Gusseisen kann es infolge ungleichmäßiger Keimbildung zu einer besonderen Art der melierten Erstarrung kommen. Es bilden sich Schmelzbereiche, die keine Keime enthalten und die von den benachbarten eutektischen Körnern nicht mehr erfasst werden können. Es findet daher eine Unterkühlung unter die metastabile Gleichgewichtstemperatur statt, so dass Ledeburit entsteht. Die so gebildeten weißen Stellen im Gefüge werden als umgekehrter Hartguss bezeichnet, da sie nicht außen in den rasch abgekühlten Gussstückbereichen, sondern in der Mitte des Gussstückquerschnittes auftreten (Bild  4), (umgekehrte Weißeinstrahlung).