(Phasendiagramm). Graphische Darstellung der verschiedenen Zustandsformen und Phasen eines Stoffes beziehungsweise einer Legierung in Abhängigkeit von Temperatur und Zusammensetzung. Je nach Anzahl der Komponenten, aus denen der betreffende Stoff besteht, spricht man von binären (Zweistoff-), ternären (Dreistoff-) oder quaternären (Vierstoff-)Systemen, die in ebensolchen Zustandsschaubildern dargestellt werden.
Die Aufstellung eines Zustandsschaubildes erfolgt durch thermische Analyse oder dilatometrische Messungen. Bild 1 zeigt als Beispiel die durch thermische Analyse gewonnenen Abkühlungskurven eines binären Legierungssystems mit vollkommener Löslichkeit im flüssigen und festen Zustand, als weiteres Beispiel ist in Bild 2 ein binäres System mit vollkommener Löslichkeit im flüssigen und vollkommener Unlöslichkeit im festen Zustand dargestellt. Aus den Abkühlungskurven ergeben sich Halte- und Knickpunkte, die die Phasenübergänge charakterisieren und die betreffenden Liquidus- und Solidustemperaturen anzeigen. Überträgt man diese, die Zustandsänderung flüssig-fest kennzeichnenden Temperaturwerte in ein Diagramm in Abhängigkeit von der jeweiligen Legierungszusammensetzung, erhält man das Zustandsschaubild.
Die Verbindungslinie aller Liquidustemperaturen wird Liquiduslinie, jene der Solidustemperaturen wird Soliduslinie genannt. Bei Temperaturen oberhalb der Liquiduslinie ist der Werkstoff flüssig und unterhalb der Soliduslinie ist er fest. Der Bereich zwischen beiden Linien ist der sogenannte Erstarrungsbereich, wo flüssige und feste Phase nebeneinander bestehen.
Die Zustandsschaubilder lassen sich in Grundformen je nach den Löslichkeitsverhältnissen im festen und flüssigen Zustand einteilen, (Löslichkeit). Am einfachsten und übersichtlichsten kann diese Einteilung am Beispiel der Zweistoffsysteme vorgenommen werden; sie lässt sich analog auf Mehrstoffsysteme übertragen.
Bild 3 zeigt eine Übersicht der Grundformen binärer Zustandsschaubilder, das heißt für Zweistofflegierungen die aus den Komponenten A und B bestehen.
Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal ist zunächst die Löslichkeit im flüssigen Zustand. Falls vollkommene Unlöslichkeit besteht, bilden die Legierungskomponenten zwei getrennte Schmelzschichten. Das Mengenverhältnis der Schichten hängt nur von den Gewichtsanteilen der betreffenden Komponenten, nicht aber von der Temperatur beziehungsweise Überhitzung ab. Bei der Erstarrung bleiben die getrennten Schichten erhalten.
Im Falle einer begrenzten Löslichkeit im flüssigen Zustand sind die Legierungskomponenten nur innerhalb eines gewissen Zusammensetzungsbereiches teilweise unlöslich, sonst aber löslich. Es bilden sich in diesem Bereich zwei getrennte Schmelzschichten, von denen die eine reicher an der Komponente A und die andere reicher an der Komponente B ist. Das Mengenverhältnis der Schichten und ihre Massengehalte hängen von den Massengehalten der beiden Komponenten in diesem Legierungsbereich und von der Temperatur ab. Bei der Erstarrung bleiben in diesem speziellen Bereich die getrennten Schichten erhalten.
Sind die Legierungskomponenten im flüssigen Zustand vollkommen ineinander löslich, bilden sie eine einheitliche, homogene Schmelze. Im festen Zustand kann diese vollkommene Löslichkeit bestehen bleiben oder aber es tritt an ihre Stelle eine nur begrenzte Löslichkeit beziehungsweise eine vollständige Unlöslichkeit. Falls im festen Zustand vollkommene Löslichkeit vorliegt, bilden sich einheitliche Mischkristalle, auch „feste Lösung“ genannt. Besteht dagegen im festen Zustand vollkommene Unlöslichkeit, bilden sich keine Mischkristalle, sondern Kristalle der Legierungskomponenten (Eutektikum). Besteht dagegen nur in einem bestimmten Legierungsbereich vollkommene Löslichkeit, sodass Mischkristalle entstehen, während im übrigen Legierungsbereich vollkommene Unlöslichkeit vorliegt, spricht man von einer begrenzten Löslichkeit im festen Zustand. Falls das Gebiet der vollkommenen Unlöslichkeit beiderseits an Mischkristallphasen angrenzt, besteht das Eutektikum aus den betreffenden Mischkristallen; anstelle des Eutektikums kann auch ein Peritektikum auftreten. Begrenzte Löslichkeit liegt auch vor, wenn ein Mischkristall bei tieferen Temperaturen eutektoid zerfällt, (Eutektoid).
Dreistoffsysteme lassen sich ebenfalls in Zustandsschaubildern darstellen. Da jedoch insgesamt vier Veränderliche, nämlich drei Legierungskomponenten und die Temperatur vorliegen, muss eine räumliche Darstellung gewählt werden. Zunächst wird, wie Bild 4 zeigt, von den drei Zweistoffdiagrammen der Legierungskomponenten ausgegangen, also von den Zustandsschaubildern der Systeme A-B, A-C und C-B. Diese Zustandsschaubilder werden an den Seiten eines gleichschenkligen, gleichseitigen Dreiecks angelegt. Über dieser Dreiecksfläche bildet sich nun aus den durch die binären Diagramme vorgegebenen Randbedingungen ein Schmelz- und Erstarrungsraum, der dadurch entsteht, dass die drei Randdiagramme konstitutionsbedingt ineinander übergehen. Es ergibt sich dadurch ein sog. „Erstarrungsgebirge“ mit den „Schmelzflächen“ auf der Oberseite, wie die räumliche Darstellung in Bild 5 zeigt, der feste Zustand ist hier nicht berücksichtigt. Die Zuordnung der Legierungsgehalte im gleichseitig-gleichschenkligen Zustandsschaubild eines Dreistoffsystems geht aus Bild 6 hervor.
Man kann nun, ähnlich wie bei der geodätischen Vermessung eines Gebirges, bestimmte Höhenschnitte, hier also isotherme Temperaturschnitte legen und auf diese Weise das Erstarrungsgebirge in einzelne waagerechte Schnitte zerlegen. In der Praxis werden meist solche isothermen Temperaturschnitte benutzt, desgleichen wird häufig eine Draufsichtdarstellung des Erstarrungsgebirges, in der die Linien gleicher Liquidustemperatur eingetragen sind verwendet; auf die räumliche Darstellungsweise wird in der Regel verzichtet. Als Beispiel ist in Bild 7 die Draufsicht auf das Erstarrungsgebirge im Teildiagramm des Dreistoffsystems Cu-Sn-Zn (Kupferecke) mit den sogenannten Schmelzrinnen sowie den „geodätischen“ Linien gleicher Liquidustemperatur (den Liquidusisothermen) und den zugehörigen Phasenbereichen der Primärkristallisation dargestellt, desgleichen ein isothermer Temperaturschnitt bei 500 °C. Die Draufsicht auf das Erstarrungsgebirge zeigt die Liquidusflächen, und der isotherme Schnitt bei 500 °C weist die bei dieser Temperatur vorhandenen Phasenräume aus. Weitere Schnitte bei niedrigeren Temperaturen geben dann Aufschluss, ob die Phasenräume größer oder kleiner werden und ob dabei eutektoide oder peritektoide Reaktionen auftreten.
Auch vertikale Schnitte werden durch das Dreistoffsystem gelegt; man bevorzugt hierbei entweder einen quasibinären Schnitt oder aber einen sogenannten Temperatur-Konzentrationsschnitt in der Weise, dass der Gehalt einer der drei Legierungskomponenten konstant gehalten wird. So lässt sich eine Schnittebene aus diesem System mit ihren Phasen in Abhängigkeit von der Temperatur für variable Gehalte der beiden anderen Legierungskomponenten darstellen. Ein Beispiel zeigt Bild 8 und zwar einen Temperatur-Konzentrationsschnitt durch das Fe-C-Si-Phasendiagramm bei 2 % Si, der die für Gusseisenwerkstoffe mit diesem Siliziumgehalt zutreffenden Phasenbedingungen wiedergibt.
Im Anhang des Lexikons ist eine Auswahl von Zustandsschaubildern binärer und ternärer Legierungssysteme sowie binärer Oxidsysteme (Feuerfeststoffe) aufgeführt.