Gaspreisbremse für Mittelständler zu spät 

Deutlicher Anstieg von Insolvenzen

Der Bundesverband Der Mittelstand (BVMW) kritisiert die Vorschläge der Gaspreis-Kommission zur Entlastung bei den Gaspreisen. Die Lage des Mittelstandes werde ignoriert. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) weist zeitgleich darauf hin, dass deutlich mehr Unternehmensinsolvenzen zu erwarten sind.

„Das ist zu wenig und stoppt den massenweisen Exodus unternehmerischer Existenzen nicht.“ Mit diesen Worten äußert sich Markus Jerger, Vorsitzende des BVMW, zu den Vorschlägen der von der Bundesregierung eingesetzten Gaspreis-Kommission, die Anfang der Woche vorgestellt wurden. Die Kommision plädiert zwar für erste Entlastungen im Dezember – ein Preisdeckel solle jedoch erst ab Frühjahr kommen. Jerger fordert von der Politik, jetzt sofort zu handeln. 

Laut dem BVMW-Chef habe die Bundesregierung kaum Mittelständler in die Gaspreis-Kommission berufen. Die Ergebnisse der Kommission zeigten, dass deren Lage schlicht ignoriert werde. “Greift die Gaspreisbremse erst ab März, wird es für einen Großteil der Mittelständler bereits zu spät sein.” so Jerger.

Zahl der Insolvenzen wird spürbar ansteigen
Laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) liegt die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im September bei 762. Das seien 34 % mehr als im September 2021 und auch mehr als zuletzt erwartet. Die Indikatoren weisen darauf hin, dass auch im Oktober deutlich mehr Insolvenzen zu erwarten sind, Tendenz steigend.

Die Experten waren noch vor einem Monat für September von einem Anstieg um 25 % gegenüber dem Vorjahr ausgegangen. Im November könnten die Vorjahreswerte sogar um 40 % übertroffen werden. Neben der Rezession liege das in erster Linie an den stark steigenden Preisen bei wichtigen Produktionsfaktoren.

„Die Zahl der Insolvenzen wird in den nächsten Monaten weiter spürbar ansteigen“, fasst Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität zusammen. 

“Andere Länder in Europa schützen ihren industriellen Mittelstand besser.”
Anfang Oktober meldete die Aluminium-Druckgießerei Ritter aus dem schwäbischen Weinstadt Insolvenz an. Die Pandemie mit ihren Einschränkungen in den Lieferketten und die zuletzt stark gestiegenen Energiepreise hätten dem Unternehmen stark zugesetzt.

Im September wurde bekannt, dass alle vier Firmen der Heger-Gruppe von einem Insolvenzantrag betroffen sind. Die Gießerei mit Sitz in Enkenbach-Alsenborn stellt unter anderem Spezialteile für Windräder her. Der Insolvenzantrag wurde mit den stark gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe in Verbindung mit einem Auftragseinbruch begründet. “Andere Länder in Europa schützen ihren industriellen Mittelstand besser.” kommentierte Johannes Heger, Geschäftsführer der Heger-Gruppe in Enkenbach-Alsenborn, gegenüber dem SWR. Die Bundesregierung habe zwar Hilfsgelder für energie-intensive Firmen angekündigt, jedoch sei eine Auszahlung bisher nicht erfolgt.

Ebenfalls im September beantragte die Geschäftsführung der traditionsreichen Gießerei Heidenreich und Harbeck GmbH die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Deren Stromversorger hatte eine im Voraus zu leistende Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 597.000,00 verlangt, was in etwa dem Wert von zwei bis drei Monatsabnahmemengen entspricht. Diese Sicherheitsleistung in Verbindung mit den explodierenden Stromkosten führte zur Schieflage des Unternehmens, sodass dieses verpflichtet war, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.

Im August musste der Spritzgießer Veeser Plastic-Werk aus dem baden-württembergischen Steißlingen Insolvenz anmelden. Als Grund wurden neben Auftragseinbrüchen durch die Corona-Pandemie der Anstieg der Rohstoffpreise und die explodierenden Energiekosten genannt.

Im Juni meldete die DGH Sand Casting Insolvenz. Als Gründe wurden Folgen der Corona-Pandemie in Verbindung mit Chip-Mangel und hohen Energiepreisen genannt. Ein Teil der Kunden hatten ihre Produktion drosseln oder zeitweise unterbrechen müssen. 

Bereits Ende April 2022 war die Eisengießerei Vulcast Germany GmbH in Jünkerath (Eifel) aufgrund gestiegener Energie- und Rohstoffkosten sowie verschiedener Sonderbelastungen in Schieflage geraten und musste Insolvenz anmelden.