Hohes Formfüllungsvermögen ist identisch mit einer möglichst kurzen Vorlauflänge. Die Schmelze besitzt dann unabhängig vom Fließvermögen die Fähigkeit, den Formhohlraum auch bei niedriger Gießtemperatur konturenscharf wiederzugeben und auszufüllen.
Hohes Fließ- und Formfüllungsvermögen müssen nicht immer gleichzeitig und gemeinsam auftreten. Bei den Al-Si-Legierungen stellt sich beispielsweise ein optimales Formfüllungsvermögen bei den eutektischen Werkstoffen mit 12 % Si ein (Bild 1), die jedoch, wie Bild 2 zeigt, nur ein mäßiges Fließvermögen besitzen. Die hervorragende Gießbarkeit dieser Legierung ist also weit weniger auf ihr Fließvermögen, sondern auf ihr hohes Formfüllungsvermögen zurückzuführen. Auch Gusseisen mit Lamellengraphit besitzt ein ausgezeichnetes Formfüllungsvermögen, da hier in Folge der Graphitausscheidung die niedrigste Volumenschwindung aller Fe-C-Gusswerkstoffe vorliegt. Dies bedeutet, dass Formenkonturen am Abguss deutlich und scharf wiedergegeben werden. Ein erhöhter Phosphorgehalt (von 0,7 bis 1,2 %), vor allem bei Kunstguss, verbessert zusätzlich die Vergießbarkeit von Gusseisen.